Unterschiede, Vor- und Nachteile sowie Tipps für die Entscheidung

 

Wer berufsbegleitend forschen und promovieren will, hat inzwischen die Wahl zwischen verschiedenen Abschlussbezeichnungen.

In diesem Beitrag geht es um die Unterschiede zwischen Dr. (aus Deutschland) und PhD (aus anderen Ländern).

Was sind die Charakteristika dieser beiden Abschlüsse und ihrer Kontexte, welche haben für welche Kandidaten ggf. Vorteile oder gar Nachteile?

Die Frage lautet also: Wer sollte sich aus welchen Gründen für welchen Weg, zu welchem Abschluss entscheiden?

Symbolbild

 

Merkmale der beiden Abschlüsse

Doktor und PhD sind akademische Abschlüsse, die in vielen Ländern verliehen werden. Obwohl sie oft synonym verwendet werden, gibt es einige Unterschiede zwischen ihnen.

Dr.

Bedeutung

Der Doktor ist eine allgemeine Bezeichnung für einen höheren akademischen Grad, der in verschiedenen Ländern auf unterschiedliche Weise verliehen wird.

In Deutschland wird er nach in Einzelbetreuung durch die Hauptgutachter erfolgter Bewertung der Dissertationen verliehen.

Berufspraxis / Forschung

Je nach Land und Fachgebiet kann der Dr. eine fachliche Bedeutung haben.

Er kann in seiner Zielsetzung auf die Forschung sowie auf die Berufspraxis ausgerichtet sein.

Karriereziele

Die Karriereziele von Personen mit einem deutschen Doktortitel können je nach Fachgebiet und Land unterschiedlich sein. In einigen Fächern, wie z. B. Medizin oder Jura, ist die Promotion auf die Praxis bestimmter Berufe ausgerichtet.

Promovierte können auch leitende Positionen in der Industrie, in der Verwaltung oder in anderen Bereichen der Berufspraxis einnehmen.

PhD

Bedeutung

Der PhD ist ein international anerkannter akademischer Grad, der in vielen Disziplinen verliehen wird.

Global gilt er als der höchste akademische Grad, der in strukturierter Durchführung und nach Bewertung der Vorarbeiten und Dissertationen durch Panels mit mehreren Gutachtern verliehen wird.

Berufspraxis / Forschung

Der PhD ist in erster Linie ein forschungsorientierter Abschluss.

Ziel ist es, die Fähigkeiten der Promovierenden zur wissenschaftlichen Forschung zu entwickeln.

Karriereziele

Eine Promotion wird häufig angestrebt, um eine Laufbahn in der wissenschaftlichen Forschung oder in der Hochschullehre einzuschlagen.

Promovierte arbeiten zum Beispiel als Professoren, als Forscher an Universitäten oder auch in der Industrie, als wissenschaftliche Berater oder als Experten in Regierungsaufgaben und in Nichtregierungsorganisationen.

Hilfen zur Entscheidung

Kriterien bei der Entscheidung zwischen einem berufsbegleitend zu erlangenden Dr. bzw. PhD:

  1. Führbarkeit
  2. Dauer
  3. Durchführungsform
  4. Kosten
  5. Akkreditierung
  6. Karrierewirksamkeit
  7. Internationale Reputation

So lassen sich diese Kriterien beschreiben und die Befunde (1 bis 5 Punkte) gewichten:

  

1. Führbarkeit

Dr.
  • in Deutschland und Europa problemlos
  • länderspezifische Regelungen bei ausländischen Abschlüssen
  • Dr. darf in Deutschland nicht als PhD geführt werden
  • nicht jeder Dr. aus Deutschland ist international führbar

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PhD
  • in Deutschland und Europa problemlos
  • länderspezifische Regelungen bei ausländischen Abschlüssen
  • aus dem Ausland: kann in Deutschland als PhD und ggf. auch als Dr. geführt werden 

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Anmerkungen:

Dass ein Dr. in Deutschland nicht wie ein PhD geführt werden darf, ist gut, denn nicht jeder deutsche Dr. muss das Forschungsniveau eines PhD haben. Siehe dazu auch die nicht uneingeschränkte internationale Führbarkeit eines Dr. aus Deutschland.

Nachbarländer (z.B. Niederlande) verleihen Dr. und PhD gleichwertig, so dass dort der Titelträger individuell frei wählen kann, welchen Titel er führen möchte. Hintergrund ist, dass der Dr.-Abschluss dort seit jeher die Stärken des PhD aufweist und nicht die deutschen Schwächen, siehe nachfolgende Kriterien.

   

2. Dauer

Dr.
  • berufsbegleitend in der Regel mindestens fünf Jahre
  • Zeitaufwand für Präsenzzeiten einplanen

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PhD
  • bei Akkreditierung: mindestens drei und höchstens sieben Jahre
  • reine Online-Studienmöglichkeiten machen Präsenzzeiten überflüssig

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Anmerkungen:

Beim Dr. ist die Dauer wegen der Abhängigkeit des Kandidaten vom Doktorvater/von der Doktormutter kaum kalkulierbar. Ein Anspruch auf einen anderen Betreuer im Falle des Ausfalls eines Betreuers besteht nicht.

Bei den PhD-Angeboten besteht keine Personenabhängigkeit, da bei Ausfall eines Betreuers problemlos und zeitnah für Ersatz gesorgt werden kann.

  

3. Durchführungsform

Dr.
  • einstufiges Verfahren ohne Zwischenprüfungen (fachlich, Exposé etc.)
  • Betreuer als Anker und Hauptgutachter bis zum Schluss
  • interdisziplinäre Forschung kaum realisierbar / betreubar
  • Fakultät als fachlicher und personeller Tunnel

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PhD
  • mehrstufiges Verfahren mit strukturiertem Ablauf (fachliche Zwischenprüfungen und Exposé-Prüfung)
  • Betreuer ist nicht der Hauptgutachter, sondern Panels
  • interdisziplinäre Forschung problemlos möglich, da keine Bindung an Fach oder Fakultät

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Anmerkungen: 

Die persönliche Abhängigkeit vom Doktorvater oder der Doktormutter ist ein Schwachpunkt des deutschen Systems, den der Wissenschaftsrat schon vor mehr als zehn Jahren kritisiert hat. Auch forderte er nachdrücklich, berufsbegleitend Promovierenden nur noch strukturierte Promotionsverfahren anzubieten.

Somit sind die deutschen Promotionsangebote – ohne einen strukturierten Ablauf, ohne Panels und ohne definierte Workloads wie bei einem PhD  – nicht akkreditierbar.

   

4. Kosten

Dr.
  • an staatlichen Universitäten keine Gebühren bei eigener Durchführung
  • Gebühren bei Franchising, z.B. private FH vermittelt und betreut an ausländischer Hochschule
  • nicht kalkulierbare Kosten durch Reisen für Einzel- und Gruppentermine

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PhD
  • Gebühren sind an ausländischen Universitäten Standard
  • durch Reisen für Einzel- und Gruppentermine entstehen meist weitere, nicht kalkulierbare Kosten
  • Online promovieren: Reisen wird unnötig und Kosten sind somit kalkulierbar 

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Anmerkungen: 

Die Möglichkeit, an deutschen Hochschulen gebührenfrei zu promovieren, ist ein Vorteil, erfordert aber Präsenzphasen und Engagement am Hochschulort. Dies gilt auch für private Hochschulen und deren Kooperationsmodelle, zudem entstehen dabei erhebliche Zusatzkosten im fünfstelligen Bereich.

Lediglich beim PhD gibt es erste Modelle aus dem Ausland, die keine Reisen und kein Engagement am Hochschulort erfordern.

  

5. Akkreditierung

Dr.
  • das deutsche einstufige System erlaubt wegen der fehlenden Zwischenstufen und -prüfungen und mangels Workload-Strukturierung keine Akkreditierung
  • die inzwischen mögliche Verleihung eines PhD in Deutschland ohne substantielle Veränderungen in Struktur und Forschungsstärke realisiert noch keinen wirklichen, akkreditierbaren PhD

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PhD
  • das strukturierte, mehrstufige System bei PhD-Schools mitsamt den Zwischenprüfungen ist grundsätzlich akkreditierbar
  • ECTS-gemäße PhD-Akkreditierungen werden als externe Qualitätssicherung inzwischen auch außerhalb Europas von europäischen Agenturen durchgeführt

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Anmerkung: 

Die Akkreditierung als externe Qualitätssicherung eines Promotionsprogramms gewinnt international als Kriterium zunehmend an Bedeutung.

Der Nachteil des einstufigen, nicht akkreditierbaren deutschen Abschlusses wiegt dabei immer schwerer.

  

6. Karrierewirksamkeit

Dr.
  • aufgrund der Fakultätsgebundenheit und der eher fachlichen Ausrichtung trotz geringerer Interdisziplinarität noch Standard in der deutschen Wirtschaft
  • methodische Mängel der Verfahren und der Dissertationen schwächen jedoch die Bedeutung der Promotion in Deutschland
  • zunehmende Plagiatsproblematik und mangelnde Forschungsrelevanz bei Nischenthemen
  • die für eine Universitätsprofessur erforderliche zusätzliche Forschungsarbeit (Habilitation) bzw. mehrjährige Juniorprofessuren deuten auf Defizite des deutschen Dr.-Abschlusses = Dr. reicht noch nicht

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PhD
  • als forschungsstärkerer und mit mehr Aufwand zu erlangender Abschluss von internationaler Bedeutung auch in international vernetzten Unternehmen in Deutschland geschätzt
  • die methodische Stärke der Promotionsverfahren, die stets mögliche Interdisziplinarität über die Grenzen der Fakultäten und ihrer Fachbereiche hinaus sowie die Konzentration auf den relevanten Forschungsbeitrag der Dissertationen werden geschätzt
  • für eine Universitätsprofessur ist nach der Promotion international keine weitere Forschungsarbeit erforderlich = PhD reicht

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Anmerkungen: 

Die Habilitation bzw. Junior-Prof.-Phase in den deutschsprachigen Ländern resultiert daraus, dass hier nach der Promotion zum Dr. noch eine postdoktorale Leistung erforderlich ist.

Für eine Karriere als Universitätsprofessor ist jedoch weltweit keine Habilitation erforderlich, da ein PhD sui generis hinreichend forschungsbasiert ist.

   

7. Internationale Reputation

Dr.
  • die Verfahrensschwäche und die strukturell nicht abgesicherte Forschungsstärke deutscher Promotionen sind international bekannt
  • die fehlende Akkreditierbarkeit ist ein Manko
  • die Gleichstellung des Dr. mit dem PhD in Deutschland schwächt beide zugleich

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PhD
  • die klarere Forschungsorientierung und das sie unterstützende strukturierte Verfahren machen den PhD weltweit stärker
  • regional geschwächt wird er durch uneinheitliche Qualitätssicherungssysteme der anbietenden Länder, siehe z.B. die Carnebie-Richtlinien (USA)

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Anmerkungen: 

Deutsche Abschlüsse wie z.B. der Dr. med. sind nicht überall anerkannt und daher nicht überall führbar, was den deutschen Dr. insgesamt schwächt.

Die Tatsache, dass es in den USA unterschiedliche Qualitätsklassen für Universitäten und damit auch für PhD-Abschlüsse gibt, ist für PhD-Abschlüsse aus den USA problematisch.

  

Fazit

1. Führbarkeit: Wer nur an Deutschland als künftigen Lebens- und Arbeitsort denkt, ist mit dem deutschen Dr. gut bedient; insgesamt ist aber die globale Führbarkeit des PhD sicherer gegeben.
(Dr.: 3 Punkte – PhD: 5 Punkte)

2. Dauer: Der zeitliche Aufwand ist für den Weg zum Dr. und zum PhD gleich. Ein Online-PhD kann zeitsparender sein.
(Dr.: 3 Punkte – PhD: 4 Punkte)

3. Durchführungsform: Das einstufige Verfahren (Dr.), bei dem man von Anfang bis Ende auf einen (ggf. zwei) Betreuer angewiesen ist, hat sich im internationalen Vergleich längst als unzureichend erwiesen; es begründet die typischen Schwächen der deutschen Promotion. Ein strukturiertes Promotionsverfahren (PhD) vermeidet dagegen persönliche Abhängigkeiten und fördert die wissenschaftliche Tiefe der Dissertationen. Gleiches gilt übrigens auch für die strukturierten Dr.-Promotionen in den Niederlanden und in anderen nicht deutschsprachigen Ländern.
(Dr.: 1 Punkt – PhD: 5 Punkte)

4. Kosten: Ganz ohne Kosten geht es auch in Deutschland nicht. Berufstätige können ihre promotionsbezogenen Kosten aber ohnehin steuerlich geltend machen.
(Dr.: 3 Punkte – PhD: 4Punkte)

5. Akkreditierung: Die nicht strukturierten deutschen Promotionsmöglichkeiten (Dr.) sind mangels Strukturierung nicht akkreditierbar. Die strukturierten Promotionsmöglichkeiten (PhD) in anderen Ländern sind dagegen grundsätzlich akkreditierbar; hier sollte das Vorhandensein dieser externen Qualitätssicherung ein entscheidendes Kriterium sein.
(Dr.: 1 Punkt – PhD: 5 Punkte)

6. Karrierewirksamkeit: Für die berufliche Entwicklung in Deutschland kann ein deutscher Doktortitel ausreichend sein. Für internationale Perspektiven ist ein PhD-Abschluss wertvoller. Die Tatsache, dass der deutsche Dr. als höchster akademischer Grad in Deutschland traditionell noch nicht für eine Universitätsprofessur ausreicht, zeigt auch, dass ein PhD aus dem Ausland die bessere Wahl ist, um Forschungsstärke zu demonstrieren. Zudem ist eine starke Forschungskompetenz inzwischen nicht mehr nur für wissenschaftliche Karrieren wichtig.
(Dr.: 1 Punkt – PhD: 5 Punkte)

7. Internationale Reputation: Auch in globaler Perspektive ist ein straffes, strukturiertes, akkreditiertes und akademisch anspruchsvolles PhD-Promotionsprogramm aus anderen Ländern jedem Promotionsprogramm aus Deutschland überlegen, das stets unter persönlichen Abhängigkeiten entsteht, nicht akkreditierbar ist, damit ohne standardisierte Qualitätssicherung agiert und zudem nicht vergleichbar forschungsstark sein muss.
(Dr.: 1 Punkt – PhD: 4 Punkte)

  

Ergebnisse im Vergleich

Dr.

1,9 von 5 Punkten

PhD

4,6 von 5 Punkten

Tipp

Ein rein online erreichbarer PhD-Abschluss, in Ihrer Muttersprache realisiert, akkreditiert und auch als Dr. daheim führbar, könnte voraussichtlich gemäß aktuellem Stand und aus heutiger Sicht eine sehr gute Wahl sein – auch für Sie!